Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD): § 20 Jahressonderzahlung / Durchführungshinwiese des BMI ab Ziffer 3.2.1

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3. Anspruchsminderung (§ 20 [Bund] Abs. 4 TVöD)

Absatz 4 regelt die zeitratierliche Verminderung des nach den Absätzen 1 bis 3 dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Jahressonderzahlung.

3.1 Zwölftelungsregelung (§ 20 [Bund] Abs. 4 Satz 1 TVöD)
Der Anspruch auf Jahressonderzahlung vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Tarifbeschäftigte nicht für mindestens einen Tag des Monats einen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben (sog. Zwölftelungsregelung). Dabei ergibt sich der Anspruchsgrund für die Entgelt-fortzahlung selbst aus den in § 21 abschließend aufgezählten Normen (Vgl. Zif-fer 2.2.2.1).

Beispiel 1:
Ein Tarifbeschäftigter hat vom 16. Januar bis 15. Februar unbezahlten Sonderurlaub nach § 28 erhalten. Die Jahressonderzahlung als Ganzes wird deshalb nicht vermindert. Zwar be-stand für einen vollen Beschäftigungsmonat kein Anspruch auf Entgelt. Die Zwölftelungsrege-lung in § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 1 stellt jedoch auf volle Kalendermonate ab. Da sowohl im Ja-nuar als auch im Februar für mindestens einen Tag Anspruch auf Entgelt bestand, ist der un-bezahlte Sonderurlaub vom 16. Januar bis 15. Februar für die Berechnung der Jahressonder-zahlung unschädlich.

Fallvariante:
Würde der unbezahlte Sonderurlaub im vorgenannten Beispiel hingegen erst mit Ablauf des 5. März enden, wäre die Jahressonderzahlung als Ganzes um 1/12 zu kürzen, da dann für den vollen Kalendermonat Februar kein Anspruch auf Entgelt bzw. auf Entgeltfortzahlung be-stand.

Beispiel 2:
Eine Tarifbeschäftigte ist vom 29. Mai bis 9. Juli (= 6 Wochen) unverschuldet durch Arbeitsun-fähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert. Zwar arbeitet die Tarifbeschäftigte während des gesamten Kalendermonats Juni nicht. Sie hat aber für die Dauer der sechswö-chigen Erkrankung Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 22 Abs. 1 in Verbindung mit § 21, so dass die sechswöchige Erkrankung für die Berechnung der Jahressonderzahlung unschäd-lich ist.
Nach dem Pflegezeitgesetz sind die Tarifbeschäftigten bis zur Höchstdauer von sechs Monaten für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen von der Arbeitsleis-tung vollständig oder teilweise freizustellen (§ 3 i. V. m. § 4 PflegeZG). Wenn die Ta-rifbeschäftigten vollständig freigestellt werden, verringert sich die Jahressonderzah-lung um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat, in dem kein Entgelt gezahlt worden ist.

Saisonbeschäftigte, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen und jährlich wiederkehrend für bestimmte Monate zur Arbeitsleitung herangezogen werden, er-halten nach Maßgabe des Absatzes 4 eine anteilig verminderte Jahressonderzah-lung.

Besteht während des gesamten Kalenderjahres kein Anspruch auf Entgelt oder Fort-zahlung des Entgelts nach § 21 und liegt keine Ausnahme nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 vor (siehe Ziffer 3.2), wird die Jahressonderzahlung um 12/12 gekürzt, d. h. sie entfällt (z. B. bei längerem unbezahltem Sonderurlaub nach § 28).

Die Kürzungsregelung des § 20 (Bund) Abs. 4 stellt allein darauf ab, in welchen Mo-naten ein Entgeltanspruch bzw. Entgeltfortzahlungsanspruch gegen denselben Ar-beitgeber bestand. Deshalb sind bei der Berechnung der Höhe der Sonderzahlung alle Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen, die im Kalenderjahr mit demselben Ar-beitgeber bestanden haben11.

Beispiel 3:
Ein Tarifbeschäftigter ist zunächst bis Mitte August beim Bund beschäftigt. Er schließt im September einen neuen Arbeitsvertrag mit dem Bund, dessen Laufzeit sich mindestens bis in den Dezember des Jahres erstreckt. Eine Kürzung der Sonderzahlung kommt hier nicht in Betracht, da der Tarifbeschäftigte in jedem Kalendermonat in einem Arbeitsverhältnis mit dem-selben Arbeitgeber (Bund) stand. Unerheblich ist dabei, dass sich das zweite Arbeitsverhältnis nicht nahtlos an das vorangegangene anschließt.

Dagegen kann eine Kürzung der Jahressonderzahlung gem. § 20 (Bund) Abs. 4 für Kalendermonate erfolgen, in denen die/der Tarifbeschäftigte nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Bund, sondern zu einem anderen (öffentlichen) Arbeitgeber steht12. Auf die übertarifliche Regelung zur Berücksichtigung von Zeiten in einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis in Ziffer 1.3 weise ich hin.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 haben die Tarifbeschäftigten in jedem Kalenderjahr An-spruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21. Für Urlaubs-zeiten, in denen ein solcher Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Urlaubsfall bestand, unterbleibt die Verminderung der Jahressonderzahlung für die Dauer des gewährten Urlaubs (§ 20 [Bund] Abs. 4 Satz 1). Die Jahressonderzahlung wird aber vermindert, wenn zwar ein Urlaubsanspruch erworben, dieser aber - zum Beispiel wegen länge-rer Arbeitsunfähigkeit - nicht in Anspruch genommen wurde. Sowohl der Vergütungs- als auch der Motivationscharakter der Jahressonderzahlung würden ausgeblendet, wenn bereits der Erwerb von Urlaubsansprüchen einer Verringerung des Anspruchs auf die Jahressonderzahlung gemäß § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 1 entgegenstünde13.

Beispiel 4:
Eine Tarifbeschäftigte war ab Juli 2015 bis Januar 2017 arbeitsunfähig erkrankt. Nach der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhielt sie bis zum 20. April 2016 einen Krankengeldzuschuss. Am Ende des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2017 wurde ihr Resturlaub aus dem Jahr 2015 und Jahresurlaub von 2016 abgegolten. In den vier ersten Monaten des Jahres 2016 sind folglich berücksichtigungsfähige Entgelte entstanden, in den Monaten Mai bis Dezember hingegen nicht. Die Jahressonderzahlung für das Jahr 2016 wird daher um acht Zwölftel gekürzt, obwohl die Tarifbeschäftigte im Jahr 2016 einen Anspruch auf Urlaub erworben hat, der im nächsten Jahr allerdings abgegolten wurde.

Fußnote
11 BAG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 10 AZR 922/11.
12 BAG, Urteil vom 11. Juli 2012 - 10 AZR 488/11.
13 BAG, Urteil vom 11. November 2015 - 10 AZR 645/14.

Die Jahressonderzahlung ist auch zu kürzen, wenn das Arbeitsverhältnis am 1. Dezember besteht, aber noch im selben Jahr beendet wird und für die Urlaubsansprü-che aus dem betreffenden Kalenderjahr wegen längerer Abwesenheitszeiten eine finanzielle Urlaubsabgeltung gezahlt wird (§ 26 Abs. 2 Satz 1 TVöD i. V. m. § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes). Ein solcher Urlaubsabgeltungsanspruch ist kein Entgelt- oder Entgeltfortzahlungsanspruch im Sinne des § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 1. Er entsteht aufgrund urlaubsrechtlicher Vorschriften und steht nicht in einem Gegen-leistungsverhältnis zu erbrachter Arbeitsleistung.

3.2 Ausnahmen von der Zwölftelungsregelung (§ 20 [Bund] Abs. 4 Satz 2 TVöD)

§ 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 regelt abschließend, in welchen Ausnahmefällen die Zwölftelungsregelung nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 1 keine Anwendung findet. Da-nach unterbleibt die Verminderung für Kalendermonate, für die Tarifbeschäftigte kein Tabellenentgelt erhalten haben wegen 1.

a) Ableistung von Grundwehrdienst oder Zivildienst, wenn sie diesen vor dem 1. Dezember beendet und die Beschäftigung unverzüglich wieder aufgenommen haben,

Hinweis:
Diese Regelung hat keine praktische Relevanz mehr, da es seit dem Jahr 2012 keine Grund-wehrdienstleistenden oder Zivildienstleistenden nach der allgemeinen Wehrpflicht mehr gibt. Mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften (WehrRÄndG 2011) vom 28. April 2011 (BGBl. I.678) wurde die Geltung der allgemeinen Wehrpflicht mit Wirkung vom 1. Juli 2011 auf den Spannungs- oder Verteidigungsfall beschränkt. Alle nach altem Recht beste-hende Grundwehrdienst- und Zivildienstverhältnisse endeten im Jahr 2011. Für die Ersatzwei-se eingeführten Freiwilligendienste gilt die tarifliche Ausnahmeregelung nicht (z. B. freiwilliger Wehrdienst oder Bundesfreiwilligendienst).

b) Beschäftigungsverboten nach § 3 MuSchG14,

c) Inanspruchnahme der Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Eltern-zeitgesetz (BEEG) bis zum Ende des Kalenderjahres, in dem das Kind geboren ist, wenn am Tag vor Antritt der Elternzeit Entgeltanspruch bestanden hat, in denen Tarifbeschäftigten Krankengeldzuschuss gezahlt wurde oder nur we-2.gen der Höhe des zustehenden Krankengelds ein Krankengeldzuschuss nicht gezahlt worden ist.

Hinweis:
Keine Ausnahme gilt bei vollständiger Freistellung von der Arbeitsleistung nach § 3 PflegeZG für die Betreuung und Pflege von pflegebedürftigen nahen Angehörigen oder für die Beglei-tung naher Angehöriger in der letzten Lebensphase. In dem Fall verringert sich die Jahres-sonderzahlung um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat, in dem kein Entgelt gezahlt worden ist
14 Fundstellenangabe in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung (= § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG a.F.).

 

3.2.1 Elternzeit und Beschäftigungsverbote nach MuSchG

Die vollen Kalendermonate des Ruhens des Arbeitsverhältnisses während der Inan-spruchnahme der Elternzeit nach § 15 ff. des Bundeselterngeld- und Elternzeitgeset-zes (BEEG) führen bis zum Ende des Kalenderjahres, in dem das Kind geboren ist, zu keiner Verminderung der Jahressonderzahlung, wenn am Tag vor dem Antritt der Elternzeit ein Entgeltanspruch bestanden hat (§ 20 [Bund] Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c). Der Entgeltbegriff im Sinne der vorgenannten Vorschrift umfasst auch den vom Arbeitgeber zu zahlenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 MuSchG15. Bestand am Tag vor dem Antritt der Elternzeit hingegen kein Entgeltan-spruch, liegen die Voraussetzungen nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c nicht vor, so dass die Jahressonderzahlung für jeden vollen Kalendermonat der El-ternzeit um ein Zwölftel zu kürzen ist (z. B. ein Tarifbeschäftigter nimmt Elternzeit in Anspruch und war unmittelbar zuvor in unbezahltem Sonderurlaub nach § 28). Eine Kürzung der Jahressonderzah

 

Beispiel 1:
Eine Tarifbeschäftigte entbindet am 6. März 2017, dem Tag, der auch im ärztlichen Zeugnis als mutmaßlicher Entbindungstag angegeben war. Im Anschluss an die Mutterschutzfristen nimmt die Tarifbeschäftigte vom 2. Mai 2017 bis einschließlich 5. März 2019 Elternzeit in An-spruch. Am Tag vor Beginn der Elternzeit (1. Mai 2017) bestand Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.

Die Jahressonderzahlung 2017 wird im Kalenderjahr der Geburt des Kindes in voller Höhe ge-zahlt. Weder die Mutterschutzfristen noch die Elternzeit im Kalenderjahr 2017 führen zu einer Kürzung des Anspruchs. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 MuSchG ist als Ar-beitgeberleistung Entgelt im Sinne des § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c. Somit sind alle Voraussetzungen der vorgenannten Ausnahmeregelung erfüllt.

a) Für Zeiten der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz16 unterbleibt die Kürzung nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b. Das gilt sowohl für das sechs-wöchige Beschäftigungsverbot vor der Geburt des Kindes nach § 3 Abs. 1 MuSchG (= 42 Kalendertage, hier vom 23. Januar bis 5. März) als auch für das achtwöchige Beschäfti-gungsverbot nach der Geburt gem. § 3 Abs. 2 MuSchG (= 56 Kalendertage, hier vom 7. März bis 1. Mai).

b) Für die Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 15 ff. BEEG bis zum Ende des Kalender-jahres, in dem das Kind geboren ist, unterbleibt die Kürzung nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c ebenfalls (hier 2. Mai bis 31. Dezember 2017).
Nachrichtlich: Im Kalenderjahr 2018 entfällt die Jahressonderzahlung nach § 20 (Bund), weil wegen des während der Elternzeit ruhenden Arbeitsverhältnisses im gesamten Kalenderjahr 2018 kein Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 besteht. Die Voraus-setzung der Ausnahmeregelung nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c liegt nicht mehr vor, da das Kind bereits im Vorjahr geboren wurde. Die Jahressonderzahlung ist im Ka-lenderjahr 2018 deshalb um 12/12 zu kürzen, d. h. sie entfällt. Im Kalenderjahr 2019, dem Jahr der Beendigung der Elternzeit, wird die Jahressonderzahlung um 2/12 gekürzt. Dabei sind nur die beiden vollen Kalendermonate Januar und Februar 2019 zu berücksichtigen, denn im März 2019 wird bereits tageweise Entgelt gezahlt.

Fußnote
15 Fundstellenangabe in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung (= § 14 MuSchG a.F.).
16 Nachstehende Fundstellenangabe in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung (= § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG a.F.).

Entsteht während einer bereits laufenden Elternzeit infolge der Geburt eines weiteren Kindes ein erneuter Anspruch auf Elternzeit, so dass sich die Zeiträume überschnei-den, ist dies kein neuer Anwendungsfall der Ausnahmeregelung nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c, weil dem Beginn der neuen Elternzeit für das weitere Kind kein Entgeltanspruch vorausgeht.

Die Tarifbeschäftigte kann aber von der Möglichkeit nach § 16 Abs. 3 Satz 3 BEEG Gebrauch machen und ihre Elternzeit zur Inanspruchnahme der Schutzfristen gemäß § 3 MuSchG17 auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig beenden. Die Ta-rifbeschäftigte soll in diesem Fall dem Arbeitgeber die Beendigung der Elternzeit rechtzeitig mitteilen.

Nimmt die Tarifbeschäftigte die o. g. Mutterschutzfristen vor und nach der Entbin-dung und die damit verbundenen Rechte in Anspruch, ist für den Ausfall des Tabel-lenentgelts nicht mehr die ursprünglich für diesen Zeitraum angemeldete Elternzeit ursächlich. Aufgrund der vorzeitigen Beendigung der Elternzeit greift dann die Aus-nahmeregelung nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, nach der eine Kür-zung der Jahressonderzahlung für die Kalendermonate der o. g. Mutterschutzfristen unterbleibt.

Zu beachten ist allerdings, dass die vorzeitige Beendigung der Elternzeit nicht auf den Beginn der Mutterschutzfrist zurückwirkt, wenn eine Schutzfrist nach dem Mut-terschutzgesetz bereits zu laufen begonnen hat und die Tarifbeschäftigte erst dann die Elternzeit beendet. In diesem Sonderfall ist der zunächst als Elternzeit genom-mene Zeitraum auch rechtlich weiterhin als Zeit der Elternzeit zu behandeln.

Beginnt im Anschluss an diese Mutterschutzfrist eine neue Elternzeit, so kommt auch § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Buchst. c wieder zur Anwendung, da vor Beginn der El-ternzeit ein Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld bestand.

Beispiel 2:
Eine Tarifbeschäftigte bekommt am 29. September 2015 ein Kind. Während der für dieses Kind genommenen zweijährigen Elternzeit wird sie erneut schwanger. Der voraussichtliche Geburtstermin ist der 1. August 2017. Mit Beginn der Mutterschutzfristen für das zweite Kind (=20. Juni 2017) beendet sie die für das erste Kind laufende Elternzeit vorzeitig. Im Anschluss an die Mutterschutzfristen vor und nach der Entbindung (20. Juni bis 26. September 2017) nimmt sie für das zweite Kind bis zum vollendeten ersten Lebensjahr des Kindes Elternzeit in Anspruch.

17 Fundstellenangabe in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung (= § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG a.F.).

Für die Berechnung der Jahressonderzahlung für das Jahr 2017 gilt folgendes:
Weil in den Monaten Januar bis Mai 2017 Elternzeit für das erste Kind genommen wurde und an allen Tagen kein Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 besteht, wird die Jahressonderzahlung um 5/12 vermindert.
In den Kalendermonate Juni, Juli, August und September 2017 bestand Mutterschutz wegen der Geburt des zweiten Kindes. Daher unterbleibt die Verminderung der Jahressonderzahlung für diese Monate nach § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b.

Für die Kalendermonate Oktober bis Dezember 2017 wurde Elternzeit für das zweite Kind in Anspruch genommen. Es handelt sich um das Kalenderjahr, in dem das zweite Kind geboren ist. Daher unterbleibt gemäß § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c die Verminderung der Jahressonderzahlung auch für diese Kalendermonate
Somit besteht Anspruch für das Jahr 2017 auf 7/12 Jahressonderzahlung.

3.2.2 Krankengeldzuschuss

Nach § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 unterbleibt eine Verminderung für Kalendermonate, in denen der Arbeitgeber Krankengeldzuschuss gezahlt hat, oder wenn nur wegen der Höhe des zustehenden Krankengeldes ein Krankengeldzuschuss nicht gezahlt wor-den ist.

Beispiel:
Ein Tarifbeschäftigter mit Anspruch auf längstens 39 Wochen Krankengeldzuschuss ist vom 3. Januar bis 6. November 2017 arbeitsunfähig erkrankt. Am 7. November nimmt der Tarifbe-schäftigte die Arbeit wieder auf. Vom 3. Januar bis 13. Februar 2017 (= 6 Wochen) erhält er Entgeltfortzahlung nach § 22 Abs. 1 in Verbindung mit § 21. Anschließend erhält er vom 14. Februar bis 2. Oktober (= Ende der 39. Woche) Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2 und 3.

Die Jahressonderzahlung ist in voller Höhe zu zahlen. Die Verminderung unterbleibt sowohl für Kalendermonate, in denen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 22 Abs. 1 besteht, als auch für Kalendermonate, in denen Tarifbeschäftigte dem Grunde nach Anspruch auf Kran-kengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2 und 3 hat (§ 20 [Bund] Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2). Somit ist der gesamte Zeitraum von 39 Wochen (3. Januar bis 2. Oktober), in dem Entgelt im Krankheitsfall nach § 22 gezahlt wird, berücksichtigungsfähig. Auch die Zahlungsunterbre-chung in der Zeit vom 3. Oktober bis zum 6. November 2017 ist unbeachtlich, weil die Unter-brechung jeweils keinen vollen Kalendermonat umfasst. Im Oktober bestand für zwei Tage Anspruch auf Krankengeldzuschuss und ab dem 7. November besteht mit der Wiederaufnah-me der Arbeit ebenfalls Anspruch auf Entgelt.

Bei einer rückwirkenden Bewilligung der befristeten Rente wegen verminderter Er-werbsfähigkeit ruht das Arbeitsverhältnis. Dies kann zu einer Überzahlung von Kran-kenbezügen führen, da nach § 22 Abs. 4 Satz 2 Krankengeldzuschuss nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt wird, von dem an Tarifbeschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung auf Grund eigener Versicherung, z. B. aus der gesetzli-chen Rentenversicherung erhalten. Mit Urteil vom 12. Mai 201618 hat das Bundesar-beitsgericht entschieden, dass auch eine bewilligte Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung gemäß § 43 SGB VI von § 22 Abs. 4 Satz 2 erfasst ist. Nach § 22 Abs. 4. Satz 4 gelten der überzahlte Krankengeldzuschuss und sonstige Überzah-lungen als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum zustehenden Rentenleistungen.
18 BAG, Urteil vom 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15.

Zu den sonstigen Überzahlungen zählt unter anderem auch die Jahressonderzah-lung nach § 20 (Bund), sodass dies zur Kürzung der Jahressonderzahlung führen kann.

4. Auszahlung (§ 20 [Bund] Abs. 5 TVöD)

Die Jahressonderzahlung wird mit dem Tabellenentgelt für November ausgezahlt. Sofern das Arbeitsverhältnis am 1. Dezember beginnt, wird die anteilige Jahresson-derzahlung mit dem Entgelt für den Monat Dezember ausgezahlt. Von der Möglichkeit der Auszahlung eines Teilbetrages zu einem früheren Zeitpunkt wird kein Gebrauch gemacht (§ 20 [Bund] Abs. 5 Satz 2).

Die Jahressonderzahlung ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn grundsätzlich auch zusatzversorgungspflichtiges Entgelt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Tarifvertrag Altersversorgung [ATV]). Das gilt auch für Entgeltbestandteile, die in die Bemessungsgrundlage der Jahressonderzahlung einfließen, ohne selbst zusatzversorgungspflichtig zu sein (z. B. Nachtarbeitszuschläge).

Allerdings ist die Jahressonderzahlung insoweit nicht zusatzversorgungspflichtig, als bei ihrer Berechnung Zeiten berücksichtigt sind, für die keine Umlagen bzw. Beiträge für das laufende zusatzversorgungspflichtige Entgelt zu entrichten sind (Anlage 3 zum ATV Satz 1 Nr. 14). Entsprechende Zeiträume können sich ergeben, wenn die/der Tarifbeschäftigte das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und deshalb in der Zusatzversorgung noch nicht zusatzversorgungspflichtig ist. Außerdem sind das die Monate der Elternzeit, für die kein Anspruch auf Entgelt besteht, aber eine Kür-zung der Jahressonderzahlung unterbleibt. In den vorgenannten Fällen bleibt die Jahressonderzahlung für die Kalendermonate, für die keine Umlagen/Beiträge zu entrichten waren, zusatzversorgungsfreies Entgelt.

Ab dem Jahr 2012 werden die Mutterschutzfristen vor und nach der Entbindung nach § 3 MuSchG19 während einer bestehenden Pflichtversicherung wie Umlagemona-te/Beitragsmonate mit einem fiktiven Entgelt nach § 21 berücksichtigt, obwohl tat-sächlich keine Umlagen/Beiträge entrichtet werden. Somit werden bei der Berechnung der zusatzversorgungpflichtigen Anteils der Jahressonderzahlung die Mutterschutzzeiten wie Umlagemonate/Beitragsmonate berücksichtigt.

5. Altersteilzeitarbeitsverhältnisse (§ 20 [Bund] Abs. 6 TVöD)

§ 20 (Bund) Abs. 6 betrifft eine Übergangsregelung für Altersteilzeitarbeitsverhältnis-se, die bis zum 31. März 2005 vereinbart wurden. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrags. Unerheblich ist, wann der Tarifbeschäftigte die Altersteilzeit tatsächlich antritt. Diese Regelung kommt nicht mehr zur Anwen-dung, weil keine Fälle denkbar sind, die unter § 20 (Bund) Abs. 6 fallen.

19 Fundstellenangabe in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung (= § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG a.F.).

6. Pfändbarkeit der Jahressonderzahlung

Da die Jahressonderzahlung nicht mit einer „Weihnachtsvergütung“ zu vergleichen ist, unterliegt sie nicht dem besonderen Pfändungsschutz im Sinne des § 850 a Zivil-prozessordnung (ZPO)20. Jahressonderzahlungen sind keine Leistung, mit der der Arbeitgeber die Arbeit des Tarifbeschäftigten gerade aus Anlass von Weihnachten zusätzlich vergütet. Der Wortlaut der Tarifnorm enthält keinen Hinweis darauf, dass die Sonderzahlung aus Anlass von Weihnachten gezahlt wird. Ferner ermöglicht § 20 (Bund) Abs. 5 Satz 2 auch eine vorzeitige Auszahlung, ohne insoweit Aufwen-dungen anlässlich des Weihnachtsfestes zum Anlass zu nehmen. Da § 20 (Bund) Abs. 4 Satz 1 eine Verminderung der Jahressonderzahlung um ein Zwölftel für die Kalendermonate ohne Entgelt- oder Entgeltfortzahlungsansprüche vorsieht, be-zweckt die Zahlung zudem auch eine zusätzliche Vergütung geleisteter Arbeit und stellt insoweit keine reine Gratifikation dar. Deswegen ist die Jahressonderzahlung nach § 20 (Bund) als Teil des Arbeitseinkommens im Rahmen der Pfändungsgren-zen nach §§ 850 a Nr. 2 und Nr. 4, 850 c ZPO in vollem Umfang pfändbar.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Jahressonderzahlung auch nicht als unpfändbares „Treugeld“ im Sinne von § 850 a Nr. 2 ZPO anzusehen ist. Denn sie stellt nach dem zuvor Gesagten nicht nur eine Belohnung für vergangene Betriebs-treue, sondern zugleich eine zusätzliche Vergütung für geleistete Arbeit dar21.

7. Jahressonderzahlung für Auszubildende

Im Bereich der Jahressonderzahlung ist zwischen Auszubildenden nach dem TVAöD - Besonderer Teil BBiG - und den Auszubildenden nach dem TVAöD - Besonderer Teil Pflege - zu unterscheiden. Zudem gilt für alle Tarifverträge allgemein, dass die Begriffe „Arbeitnehmer“ und „Arbeitsverhältnis“ - soweit diese in der Form auftauchen - nicht mit „Auszubildender“ und „Ausbildungsverhältnis“ gleichzusetzen sind. Sofern der persönliche Anwendungsbereich eines Tarifvertrages nichts Gegenteiliges sagt, wird zwischen Arbeitnehmern bzw. Tarifbeschäftigten und Auszubildenden differen-ziert.

7.1 Auszubildende nach dem TVAöD - Besonderer Teil BBiG -

7.1.1 Anspruchsvoraussetzungen

Maßgebend für einen Anspruch auf Jahressonderzahlung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TVAöD - Besonderer Teil BBiG - ist das tatsächliche Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses am 1. Dezember. Diese Voraussetzung liegt auch dann vor, wenn die/der Auszubildende an diesem Tag beurlaubt ist oder sich in Elternzeit befindet. Endet das Ausbildungsverhältnis mit Ablauf des 30. November, entfällt der Anspruch auf die Jahressonderzahlung vollständig. Zur anteiligen Jahressonderzahlung bei Übernahme in ein Arbeitsverhältnis siehe Ziffer 7.1.5.

Fußnoten
20 BAG, Urteile vom 14. März 2012 - 10 AZR 778/10 und vom 18. Mai 2016 - 10 AZR 233/15.
21 BAG, Urteil vom 30. Juli 2008 – 10 AZR 459/07.

 

7.1.2 Anspruchsumfang

§ 14 Abs. 1 Satz 2 TVAöD - Besonderer Teil BBiG - unterscheidet bezüglich der Hö-he der Jahressonderzahlung zwischen Auszubildenden, für die die Regelungen des Tarifgebiets West und für die die Regelungen des Tarifgebiets Ost Anwendung finden.

Für Auszubildende im Bereich des Bundes, für die der TVAöD - Besonderer Teil BBiG - Anwendung findet, sieht der 2016 neu gefasste § 14 Abs. 1 Satz 2 TVAöD - Besonderer Teil BBiG - als Bemessungssätze für die Jahressonderzahlung folgende Vomhundertsätze vor:

Tabelle

Im Bereich des Bundes werden die Bemessungssätze für die Jahressonderzahlung im Tarifgebiet Ost schrittweise auf das West-Niveau angehoben.

Bemessungsgrundlage ist das für den Monat November zustehende Ausbildungs-entgelt, das sich nach § 8 TVAöD - Besonderer Teil BBiG - bemisst. Das ungekürzte Ausbildungsentgelt ist ebenfalls maßgebend, wenn im Monat November wegen Ab-lauf der Entgeltfortzahlungsfrist im Krankheitsfall nicht für alle Tage ein Entgeltsan-spruch bestand. Unständige Entgeltbestandteile im Sinne des § 8 a TVAöD - Allge-meiner Teil - und in Monatsbeträgen gezahlte Zulagen und Zuschläge im Sinne des § 8 b TVAöD - Besonderer Teil BBiG - sind - anders als nach § 14 Abs. 1 TVAöD -Besonderer Teil Pflege - nicht einzubeziehen.

Beginnt das Ausbildungsverhältnis erst am 1. Dezember, wird das Ausbildungsent-gelt für den Monat Dezember als Bemessungsgrundlage herangezogen.

 

7.1.3 Anspruchsminderung (Zwölftelungsregelung)

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